Während ich diese Kolumne schreibe, befinden wir uns mitten im Wahlkampf für die Bundestagswahl, einem sehr polarisierenden Wahlkampf. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Kolumne ist die Wahl bereits vorbei und wahrscheinlich laufen die ersten Koalitionsgespräche, um eine Regierung zu bilden.
Ich hoffe sehr, dass sich die maßgeblichen Politikerinnen und Politiker darauf besinnen, ein positives Gesprächsklima zu schaffen, sodass eine gute parlamentarische Zusammenarbeit möglich wird. Weg von den oft plumpen Parolen des Wahlkampfes, hin zu einer Konstruktivität, in der eine Zukunft für dieses Land gestaltet, geformt und umgesetzt wird.
Lassen Sie mich das Ganze mit einem Konzert vergleichen. Ein großartiges musikalisches Erlebnis kann nur entstehen, wenn man in großer Gemeinsamkeit zusammenwirkt. Für mich ist dabei einer der wesentlichsten Punkte, dass alle Beteiligten ihr Ego aufgeben, also nicht auf ihrer Idee eines Stückes beharren, sondern auch offen und bereit sind, die Impulse der anderen aufzunehmen. Wird nicht auf die Mitspielenden gehört, auf das, was sie anbieten und wie sie es tun, kann weder Klang, noch Linie, noch Gesamtheit eines Werkes entstehen. Die Musik bleibt inhaltsleer und seelenlos. Natürlich dürfen und sollen eigene individuelle Impulse gegeben oder eigene musikalische Akzente gesetzt werden – diese sind sogar eminent wichtig, weil sie der Musik Leben einhauchen. Sie dürfen jedoch nicht gnadenlos und ohne Rücksicht durchgesetzt werden. Es braucht den musikalischen Dialog, der zum einen in interpretatorischen Gesprächen stattfindet und zum anderen, im viel größeren Teil, in der Synchronisation während des Spielens und der damit verbundenen Gleichzeitigkeit des Wahrnehmens und Reagierens.
Wenn man so vorgeht, wird Musizieren zu einem Erlebnis voller Energie und Kraft. Ich hoffe sehr, dass den Politikerinnen und Politikern des neuen Bundestages eine ähnliche zielführende und erfüllende Zusammenarbeit gelingen wird – über Parteigrenzen hinweg, mit zahlreichen interessanten und gut durchdachten Impulsen und einer gemeinsamen Gesamtlinie für die Zukunft.
Mitspielerinnen und Mitspieler, die sich diesem Zusammenwirken verweigern, die die Partitur als solche in Frage stellen, die die Gesetze der Physik verneinen, die verschiedene Gruppen ausschließen oder sich mit Häme und Hass über andere äußern, solche Mitspielerinnen und Mitspieler würden ein gemeinsames Musizieren oder das Entstehen eines guten Konzertes unmöglich machen. Genau aus diesem Grund dürfen auch in der Politik solche Mitspielerinnen und Mitspieler nie an der Regierungsarbeit beteiligt werden.
Kommentar schreiben