Als ich angefangen habe zu studieren, war es noch so, dass klassische Musiker*innen auf keinen Fall als Musikant*innen bezeichnet werden wollten. Musikant*in war der Begriff für das Zweitklassige, das Laienhafte und für solche, die keinen Zugang zu der über allem stehenden klassischen Musik hatten. Welche Arroganz!
Gottseidank hat sich das Bild grundlegend verändert. Als Musikant*in bezeichnet zu werden, ist mittlerweile als Wertschätzung zu verstehen, bedeutet es doch, ein natürliches, aber tiefgehendes Verständnis von und zur Musik zu haben, Klarheit und gleichzeitig Bescheidenheit im Ausdruck, die Fähigkeit, intuitiv auf Mitmusikant*innen zu reagieren, und zu guter Letzt: Spielfreude. Also eigentlich alles, was umfassendes Musizieren ausmacht.
Musikantentum erlernt man vor allem durch das Zuhören. Und Zuhören hat verschiedene Facetten.
Da gibt es zum einen das Anhören von Musik. Anhand Volksmusik verschiedener Länder kann man lernen, wie unterschiedlich die Musikstile sind. Im Gegenzug finde ich es bemerkenswert, wie ähnlich die Herangehensweise der Musikant*innen ist. Immer geht es um Intensität, Lebendigkeit und Emotionen. Um das Leben eben!
Eine besondere Lehrstunde war für mich in dieser Hinsicht ein Abend in einem koreanischen Hotel, als mir Matias, unser Solohornist, die Musik Südamerikas nahebrachte. Voller Freude spielte er mir Boleros aus seiner Heimat Chile und den vielen Nachbarländern vor und erzählte mir darüber. Was ich an diesem einen Abend über Musik gelernt habe, ist für mich unbezahlbar. Danke Matias!
Es lohnt wirklich, sich mit den vielen Musikrichtungen dieser Welt zu beschäftigen, um sich in seinem eigenen Musikantentum weiterzuentwickeln. Die Musik der eigenen Heimat darf dabei natürlich auf keinen Fall fehlen.
Der zweite Aspekt des Zuhörens ist das Musizieren mit guten Musikant*innen. Hier braucht es die Bereitschaft, genau wahrzunehmen, wie phrasiert wird, welche Tempi
besonders wirkungsvoll sind, und wie die Klanglichkeit gestaltet wird. Durch das Nachahmen, das bekanntermaßen ein wesentlicher Aspekt des Lernens ist, wird man zwangsläufig die eigene
Musikalität und Spielfreude weiterentwickeln.
Ich kann also nur empfehlen, viel an- und zuzuhören. Es ist unglaublich erfüllend, die eigene musikantische Seite hervorzuholen.
Kommentar schreiben